SXTN – Leben am Limit – Die Asozialistinnen sind zurück

[Achtung, dieser Artikel enthält Kraftausdrücke und nicht jugendfreie Sprache.]

Manchmal ist es Liebe direkt beim ersten Hören – so ist es mir gerade mit SXTN ergangen.
Nura und Juju teilen auf ihrem ersten Longplayer „Leben am Limit“ derbe aus und ich möchte direkt wahlweise einen akademischen Essay über ihre Musik schreiben oder einfach nur „Von Party zu Party“ mitgröhlen.

Dieser Scheiß fickt deine Boxen kaputt

Feiern, Versagen, wieder Aufstehen, Kiffen und das eigene Gebiet verteidigen – darum geht`s meistens bei SXTN. In Neukölln wird eine*r*m nichts geschenkt, da geht es darum, ob mensch „fickt oder gefickt“ wird. Juju und Nura sind mit den Tracks von Aggro Berlin groß geworden. Juju wuchs in Neukölln auf, Nura kam als Flüchtling aus Saudi-Arabien nach Wuppertal. Mittlerweile lebt sie seit einigen Jahren auch in Berlin, beide „cornern“ gerne am Heinrich-Heine-Platz .

Du bist Fake und wärst gern Drake

SXTN rappen gleichermaßen authentisch wie aggressiv. Viele SXTN-Lines möchte ich gerne auf einem Shirt, wie auch eben diese mit Drake.
In ihrem ersten (Internet-) Hit „Deine Mutter“ heißt es:

Ich mach‘ keine Witze, ich ficke jede Bitch im Game
Kuck, wer dich heut‘ vernichtet – jetzt bin ich dein Problem
Ich ficke dein‘ Fame, du bist am Arsch,
wie Kurt Cobain

Als Gott dich schuf, da war das aus Verseh’n (…)
Fick dich, du Hurentochter – fick dich, du Hurensohn
Fick dich, du Hurentochter – fick dich, du Hurensohn (…)

Ok, kein Wunder, dass meine Freund*innen SXTN nicht im Dunkeln begegnen möchten –
die beiden flößen anderen Respekt und sich selbst „Sektchen und Weißwein“ ein.

Hier ist nichts Political Correct, Twitter könnte sich die nächsten Monate nur an SXTN abarbeiten. Hier wird zurückerobert und aufgewertet, die MCs bezeichnen sich selbst als Fotzen und feiern sich dafür. In einem Interview sagt Juju, dass sie „alles gleich wie Typen macht“, sich „aber nicht als Feministin“ bezeichnet. Freies Land, freie Wahl, freie Selbsteinschätzung.

SXTN – #proHomo

Im Video zu „Von Party zu Party“ küssen sich auch nicht cis-hetero Paare (ab 3:06), in ihren Danksagungen im Booklet von „Leben am Limit“ setzt Nura ein #proHomo. In „Ich bin schwarz“ geht es um Alltagsrassismus, den People of Color tagtäglich erleben, Nura rappt mit einem Zwinkern:
Ich bin schwarz
Ich hab Arsch, ich bin schwarz
Hab‘ ich schon erwähnt, dass ich nur Chicken mag? (…)
Ich brauch‘ Gras, ich bin schwarz

Von Party zu Party – Rassismus vorm Club

Nura kotzt, Juju lächelt in die Kamera.

„Kanacken und Schwarze haben Hip-Hop erfunden, doch Türsteher lässt sie nicht rein“

– genau diese Szene scheint sich am vergangenen Sonntag vor dem Berliner Schwuz bei der Beyoncé-Party abgespielt haben.
Auch hier hat das Duo seine Erfahrungen in einen Text gepackt, den jede*r sofort versteht. SXTN zeigen damit: Ihr seid nicht die einzigen, die scheisse behandelt werden, uns geht/ging es auch so.

Du bist Haustier, ich bin Raubtier

Die zwei sprechen die Sprache der Straße, denn „du kannst das girl aus dem ghetto kriegen aber nicht das ghetto aus dem girl“. Juju rappt extrem versiert auf den Punkt, Nura passt mit ihrer etwas raueren Stimme super dazu. Die Beats kommen von Krutsch, die Tracks sind auf den Punkt produziert.

„Leben am Limit“ läuft auf Dauer-Repeat, putze gerade meine Gold Grillz (wirklich!) und ich freue mich auf die Tour von SXTN. Nura und Juju haben einen Platz in meinem HipHop-Herzen direkt neben Kreayshawn, Lady Sovereign und Sookee.

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