Punk total, Stereo Total: Sowas hatte ich noch nicht erlebt: Gefühlte 60 Songs an einem Abend und zwei unter Starkstrom stehende Musiker*innen.
Am 26. August 2002 habe ich zum ersten mal Stereo Total live erlebt. „Musique automatique“ gehört bis heute zu meinen Lieblingsplatten, dieses Konzert im Forum hat den Grundstein für meine tiefe Verbundenheit zu „Stereo Total“ gelegt. Damals durfte ich bei „Movie Star“ ins Mikro singen. Vermutlich habe ich, außer bei „Melt Banana“, nie wieder eine Band mit einer so hohen Songdichte pro Konzert erlebt.
Kaum eine „Queers and Guitar“-Party kam und kommt ohne Musik von Françoise und Brezel aus. Zu den beliebten Klassikern gehören „Ich bin nackt“ und „Wir tanzen im Viereck“.
Die Zeitungsüberschrift habe ich nicht zu verantworten, sie passte aber vermutlich gut zu dem Stil der Tageszeitung.
Hier nun der Artikel aus der Neuen Westfälischen:
Bielefeld. Françoise Cactus und Brezel Göring nennen sich als Pop-Duo,Stereo Total“. Genauso ungewöhnlich wie die Künstlernamen der beiden sind auch ihre Liveshows. Das Forum Bielefeld präsentierte die Wahlberliner mit einem ungewöhnlichen Abend.
Statt einer typischen Instrumentierung finden sich auf der Bühne nur eine Trommel, eine selbstgebaute Gitarre sowie ein kleiner Tisch mit einem Pocketsampler, einem Synthesizer und zwei Rhythmusgeräten. „Stereo Total“ ist also total anders. Anstatt mit einem krachenden Eröffnungssong auf die Bühne zu springen, kommen Françoise und Brezel schlürenderweise daher. Herr Göring sieht nicht so aus, als würde er elektronische Musik machen, optisch erinnert er eher an einen alternativen Gitarrenjungen.
Françoise hingegen spielt eine Grande Dame mit Chansonbuch und vielen Ketten, jedoch ihre rot-schwarzen Haare lassen sie wild erscheinen. Die Musik des Duos ist abwechslungsreich, alle Songs haben nur die Synthesizer-Grundlage gemeinsam. Manchmal läuft die Rhythmusmaschine, und Françoise singt, mal spielt Brezel dazu Rockabilly-like Gitarre, ein anderes Mal wird der 80er-Jahre-Song „Push It“ neuinterpretiert.
Ich, ich, du, du – Wir tanzen im Viereck
„Stereo-Total“-Songs gibt es auf Französisch, denn Madame Cactus ist gebürtige Französin, aber auch auf Deutsch, Englisch und Türkisch. Mit charmantem Akzent sagt Françoise die Songs an: über die Liebe, die Musik oder den Teufel. „Stereo Total“ macht live viel Spaß, denn das Publikum wird eingebunden, wenn Françoise von der Bühne steigt und sich Partner aus dem Publikum sucht. Auch Brezel holt sich zu „Wir tanzen im Viereck“ Leute auf die Bühne. Kaum ein Song dauert länger als drei Minuten, und so präsentiert die Band in gut eineinhalb Stunden an die 25 Lieder quer aus ihren fünf bisher erschienenen Scheiben. Um den Spannungsbogen zu erhöhen, verlassen die Musiker zwischendurch Bühne, um zwei Minuten später vom Applaus wieder zurückgeholt zu werden. Dieses Spiel wird fünf Mal gespielt.
Hoffnung auf ein Wiedersehen
Nicht immer sind sich die beiden einig, welcher Song als nächster drankommt. Aber kleine Patzer verzeiht das Publikum, und „Stereo Total“ wirkt trotz der ganzen Technik recht natürlich. Daher sind Vergleiche zu anderen Berliner Bands wie „MIA.“ nur mäßig treffend, denn „Stereo Total“ machtslive. DieHälfte des Konzerts improvisiert Brezel, da ihm eine Saite auf der Gitarre gerissen ist. Françoise singt, trommelt und rollt mit den Augen.
Das gefällt offenbar auch auf internationaler Ebene, denn die Band tritt unter anderem in den USA, Japan wie auch Neuseeland auf. In Bielefeld lieferte, Stereo Total“ eine bunte, innovative Show, die auf ein baldiges Wiedersehen hoffen lässt.