Have U Seen Her? ALMA veröffentlicht ihr erstes Album

Viele Mails, die ich bekomme fangen mit „Hey Nina, hör‘ hier mal rein, das wird dir gefallen“ an. Manchmal stimmt das, wie z.B. bei den Debütalben von Muna („Saves The World“), MY UGLY CLEMENTINE („Vitamin C“) oder dem neuen Longplayer von La Roux. Oftmals sind diese Mails aber auch nur freundliches PR-Geplänkel und die Musik trifft nicht meinen Geschmack.
Bei ALMA passte die Vermutung aber ganz genau: Die Finnin hat gerade ihr Debütalbum veröffentlicht und was soll ich sagen? Indirekt bin ich schon länger im Team ALMA, da „Mother’s Daughter“ zu meinen absoluten Lieblingssongs von Miley gehört und ich auch „Don`t Call Me Angel“ mochte. Aber gefällt mir der Queer Pop auf Albumlänge oder ist ALMA eher eine gute Studiounterstützung für andere?

Lesbische Liebe und L.A. Money

Auf „Have U Seen“ sind 12 Songs in knackigen 37 Minuten versammelt. Der gleichnamige Albumopener startet dynamisch, schließlich geht es um eine Verfolgungsjagd oder gar einem Verfolgungswahn? ALMA singt über Zusammenbrüche und Medikamente und endet mit der Feststellung „Mrs. Cyber has left the building, again“. Aha.

Worum geht es in ALMAs neuer Single „L.A. Money“?
Dazu gibt es mehrere Interpretationen. In „L.A. Money“ singt ALMA über lesbische Liebe und ihrem Zweifel an den guten Absichten ihres Gegenübers, so meine These. Liebt sie mich wegen meines Geldes oder wegen meiner selbst willen?
Es könnte aber auch um ihre Zeit in L.A. gehen, als das Multitalent Musik schrieb, für die sie zwar gut bezahlt wurde, an der ihr die Arbeit aber keinen Spaß machte. Eines scheint klar: In Los Angeles geht es (fast) immer ums Geld.
In „My Girl“ besingt die 24-Jährige eine ähnliche Unsicherheit: „Hey girl, do you wanna’ be my girl? Oh I don’t trust her but I do whatever“.

Selbstbildnis: Zwischen Loser-Dasein, Albträumen und Eskalation

ALMA trinkt gerne einen über den Durst, knutscht dann wild rum und passt in kein gängiges Pop-Korsett. Das ist spannend und das ist das Zeug, aus dem die großen Popalben gemacht werden. Einen Querschnitt hiervon hören auf dem Debüt der Finnin. In „Nightmare“ gibt es das Bekenntnis zum schlechten Benehmen, Tatbestand: Fremd knutschen sowie weiteres schlechtes Benehmen, sowie die Entschuldigung direkt in einem Song. Der Track ist eine echte Hörempfehlung, er ist super produziert und erinnert vom Aufbau an den Eilishschen Kosmos. Ja, es sind mehr als die neon grünen Haare, was diese beiden Musikerinnen verbindet.

„I got trouble in my DNA“ ist ein Satz, den auch Miley hätte genauso singen können. Er stammt aber aus „Loser“, einem weiteren (heimlichen) Hit von „Have U Seen Her?“. Man hört der Platte an, dass ALMA kein Newbie im Studio ist. Sie arbeitete bereits mit Lana del Rey, Ariana Grande oder Charli XCX zusammen.

Was sagt ALMA selbst über ihr Werk?

Für jede(n) von uns gibt es einen Platz in dieser Welt, oder wie ALMAs sagt:
So that’s what ‚Have U Seen Her?‘ is about – finding your place and your people in the world, feeling valued. It’s for everyone who felt unimportant or couldn’t find their voice. You matter.

Sichtbarkeit ist wichtig, in Insta-Zeiten vielleicht sogar mehr denn je. Mit „Have U Seen Her“ hat ALMA ein innovatives und absolut hörenswertes Pop-Album vorgelegt, das alle nicht-hetereosexuellen und nicht-normkonformen Menschen sowie alle „Normalos“ beim Hören gleichermaßen abholt. Guter Pop baut Brücken, wie es genau diese Platte tut – kurz: So klingt Queer Pop anno 2020.

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