Zu sehen ist Nuras Buch Weisst du was ich meine auf dem Balkon in der Sonne

Nura veröffentlicht Biographie „Weisst du, was ich meine?“ – Buchtipp

Mit Zeilen wie „Ich f*cke dein Mutter ohne Schw*nz“ schrieben SXTN Rap-Geschichte. Bekanntlich haben sich die Wege von Nura und Juju bereits vor einiger Zeit getrennt, beide sind aber solo aktiv. Neben der Musik vertreibt Juju Klamotten und irgendwann ein lang angekündigtes Pfirsich-Parfüm. Jetzt hat Nura mit 31 ihre erste Biographie veröffentlicht. Die Musikerin hat bisher wirklich eine Menge erlebt: Die Flucht aus Kuwait, ihre Jugend inklusive Heimaufenthalt im Ruhrpott, Loslösung und Versöhnung von und mit ihrer Mama, Start der Karriere im Musikgeschäft. Außerdem führt die Mama von Hundedame Chili ein öffentliches Leben als aktivistische, nicht-heterosexuelle Muslima.

Geschwisterliebe oder auch „Geh mit Gott“

Seit 2017 verfolge ich den Werdegang von Nura und Juju, daher stand Nuras Buch „Weisst du, was ich meine?“ ganz oben auf meiner Liste. Schon beim Vorwort, in dem Nura den Buchtitel und den gleichnamigen Songtitel erklärt, schreibt sie ganz offen „Das Lied war, ehrlich gesagt, nicht besonders tiefgründig“. Diese Ehrlichkeit und Selbstreflektion führen, neben dem Humor und der unterhaltsamen Schreibe, dazu, dass man Nuras Stimme beim Lesen hört.

Aber fangen wir vorne an: Nuras Lebensgeschichte beginnt in Kuwait, dort wird sie geboren. Wir lernen ihre Mama, ihre Großeltern und ihre Geschwister kennen. Ihren kleinen Bruder Moe traf man bei manchen Konzerten am Merch oder er unterstützte sie als Tänzer auf der Bühne. Zu ihrem großen Bruder Ramadan fällt Nura folgende Geschichte ein: „Ramadan war schon sehr früh genervt von mir (…). Er öffnete die Wohnungstür und meinte zu mir: `Geh mit Gott`!.“ Geschwisterliebe wird, wie in jeder guten Familie, auch bei den Omers groß geschrieben, haha.

Ankunft in Dasnöckel, wo alle gleich arm sind

Nura und ihre Familie fliehen nach Deutschland, daher auch der Untertitel „Vom Asylheim in die Charts“. „Nach dieser endlosen Tour von Asylheim zu Asylheim durch halb Nordrhein-Westfalen beschlossen meine Großeltern, dass es so nicht weitergehen konnte“ schreibt Nura über die Ankunft in Deutschland. Die Habib Omers landen in Wuppertal Dasnöckel, Nura beschreibt es so: „Dasnöckel war richtig Multikulti: Um uns herum wohnten Pakistanis, Marrokaner, Kenianer – alles bunt durchmischt. Das Schöne war, dass es keine Gruppierungen gab, wie man sie heute häufig erlebt, (…). Selbst die wenigen Deutschen, die es in Dasnöckel gab, waren Teil der Community. (…), aber es waren wirklich alle gleich – weil alle gleich arm waren.“
Nura hat einen aufgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, der später zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen ihr und ihrer Mutter führen wird.

Adieu fake world, hallo neue Freiheit im Heim

In der Grundschule lief noch alles glatt, mit dem Wechsel auf die weiterführende Schule begannen die Probleme: Manche Mitschüler:innen waren „Fakes“ wie sie in dem Kapital „Welcome to the world“ beschreibt. Kurz: Nura wurde Punkerin mit Ratte und Auszugsplänen, wurde von der Polizei aufgegabelt und entschied sich, statt zurück zu ihrer Familie lieber ins Heim zu gehen. Warum? Weil sie mit den strengen Regeln ihrer muslimischen Mutter, die einen Unterschied zwischen den Geschlechtern bei Gewährung von persönliche Freiheiten machte: „Ich habe früh gemerkt, dass das Leben nach den Regeln des Islam nicht mein Ding war. Ich konnte mich nicht unterordnen.“  Die Zeit im Heim hinterließ Spuren, Nura begann mit regelmäßigen Grasrauchen und wurde depressiv.  

Neuer Lebensabschnitt: Berlin

In Berlin angekommen, baute sich die lebenshungrige Frau schnell ein Netzwerk auf. Ausgangspunkt war ihr damaliger Freund Nico, über den sie auch mit der Band „The toten Crackhuren im Kofferraum“ in Kontakt kam. Nach ihrer Karriere im Kirchenchor in NRW, waren The toten Crackhuren im Kofferraum Nuras nächster Schritt Richtung Musikkarriere. Über die Crackhuren lernt sie Claus Capek kennen, der früher bei „Die Band ohne Namen“ Musik machte und später die Deals für SXTN organisierte. Juju lernte Nura auf einer Party kennen und ursprünglich sollte SXTN ein Trio werden, doch die Dritte sagte ab und so blieb uns ein TicTacToesche Trennungs-Pressekonferenz erspart.

Nuras Sicht auf die Trennung von SXTN zu erfahren fand ich äußerst spannend – und gleichermaßen sehr wertschätzend. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, falls die eine oder der andere das Buch auch noch lesen möchte.

Ist Nuras Biographie eine Leseempfehlung?

Von der eigenen Fluchtgeschichte, über eine Pilgerfahrt nach Mekka, den Umzug von Wuppertal nach Berlin und der Beginn der Musikkarriere inklusive Album in den Top 10 – in den ersten 31 Jahren ihres Lebens hat Nura schon sehr viel erlebt. Die Biographie ist eine wichtige schwarze Perspektive auf das Leben in einer weissen Gesellschaft. Mehr noch, es ist eine ermutigende Emanzipationsgeschichte einer muslimischen nicht-heterosexuellen Frau, die für Gleichberechtigung unermüdlich kämpft.
Ich musste „Weisst du, was ich meine“ innerhalb von nur zwei Tagen komplett lesen und kann das Buch nur empfehlen.
„Weisst du, was ich meine?“ ist bei Ullstein extra erschienen und kostet im Paperpack 15,99€.

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