Die Suche nach der eigenen Identität, dem Ich, beschäftigt die Menschheit nachweislich seit den alten Griech*innen. Wer bin ich? Wen sehen die anderen in mir? Ein Mitglied der größten Girlgroup aller Zeiten geht der Frage nach dem Ich nach. Sie ergründet Innen- und Außensicht in ihrem neuen Video. „Who I Am“ von Melanie C ist mein heutiger SundaySong.
Neue digitale Wege im Pop in Zeiten von Corona
Die Welt steht nahezu still, der Lockdown bringt uns alle in neue Situationen: Abstand halten, Mund-Nasen-Schutz tragen und anders Arbeiten. Auch in der Popwelt gibt es Einschnitte: Ganze Touren werden abgesagt oder verschoben, Haim und Lady Gaga haben die Veröffentlichungstermin ihrer Alben in den Spätsommer verschoben. Aber: Es ist nicht alles schlecht während der Corona-Pandemie. Auf einmal ist die Arbeit im Homeoffice möglich, nicht nur für mich, sondern auch für z.B. Robbie Williams oder Melanie C. Das Spice Girl geht einmal wöchentlich live unter dem #AskMelanieCLive kann man sie (beinahe) alles fragen. Diese Stunde gehört zu meinen derzeitigen Wochenhighlights, da Melanie C dort einige Details erzählt, die ich vorher nicht kannte. Auch Weggefährt*innen wie Mel B, ihr Bruder Paul oder Glyn Fussel von Sink The Pink werden live dazu geschaltet. Über „Who I Am“ wurde in Part I und II ihrer Livestream-Reihe immer mal wieder gesprochen. Ja, die Fans lieben den neuen Song. Wer alle bisherigen Folgen nachschauen möchte, hat dazu auf YouTube die Chance.
Identitätsfindung in „Who I Am“
Es ist ein spannendes Video, in dem Melanie C durch eine Ausstellung geht, bei der ihr bisheriges Leben und künstlerisches Schaffen, dokumentiert werden. Die kniende „Sporty Spice“ im 1996er Look ist ein Koonseskes Objekt. Außerdem gibt es noch die sitzende „Northern Star“ Melanie mit kurzen Haaren. In dieser Zeit ging es ihr nicht gut, daher war es schwer, diese Perücke zu tragen, sagte Melanie C in einem Interview.
Außerdem gibt es die Melanie C-Statue, die an die alten Griechen und ihre Schönheitsideale erinnert, vergleiche Bild oben. Die Statue trägt ein goldenes Kleid und ihr fehlen stilecht beide Arme. Neben den plastischen Werken hängen auch Bilder in der Galerie, die unterschiedliche Zeiten in Mel Cs Leben dokumentieren: Ein Urlaubsfoto aus den 90ern und ein Bild aus der „I Turn To You“-Zeit. Die anderen vier Spice Girls sind nicht zu sehen, da es in dem Lied um Melanie und ihren persönlichen Werdegang geht. Die Musikerin selbst skizziert die Videoidee mit den Worten: „It`s the evolution of myself“. Einen kleinen Einblick von dem Videoshooting bekommen wir in dem Making-of, das Melanie C auf veröffentlicht hat:
Regisseurin von „Who I Am“ ist die Filmemacherin Sylvie Weber, die auch schon das überaus grandiose Video zu „High Heels“ von Melanie C feat. Sink the Pink gedreht hat. In Webers Arbeiten finden wir Diversität und verschiedene Perspektiven. Neben dem Spice Girl sind Menschen verschiedener Altersstufen und Ethnien in dem Musikvideo zu sehen. Für mich ist die Zusammenarbeit von Melanie C und Sylvie Weber eine perfekte Kombination: Zwei kreative Frauen, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Erfahrungen und ihres Alters verschiedene Ideen und Blickwinkel haben, erschaffen gemeinsam Videokunst.
Die Ergründung der Melanie C – oder: Popkultur im Museum
Grenzen werden in vielen Lebensbereichen fluider und teilweise durchlässiger, so auch bei der Trennung zwischen E- und U-Kultur. U.a. Andy Warhol ebnete mit seinem Schaffen der Popkultur den Weg in die Museen. Es gibt ein ABBA-Museum in Stockholm, das ich, ebenso wie die David Bowie-Ausstellung im Martin Gropius Bau in Berlin, besuchte. David LaChapelle bringt Pop und Werbung zusammen und ist in Galerien und Museen auf der ganzen Welt ausgestellt. „Britney The Zone“ heisst eine aktuelle „Experience“ in Los Angeles, die Britney Spears Videos zu Instagram tauglichen Kulissen verwandelt.
Zu den Spice Girls gab es eine Ausstellung in England, die aus Merchandise-Artikeln und Kostümen der Band bestand und von einem Fan betrieben wurde. Könnte es aus der fiktiven Video-Sporty Spice/Mel C/ Melanie C-Ausstellung eine reale werden?
There’s been so many changes – I accept they’re a part of me
In dem Video zu „Who I Am“ sind keine einzelnen Objekte wie z.B. die Turnschuhe von Sporty Spice aus dem „Wannabe“-Video zu sehen, sondern Szenen, mal als Foto, mal als lebensgroße Installation, aus Melanie Cs Leben. Seit 1996 begleiten wir die Britin und kennen viele Fragmente aus ihrem öffentlichen Leben. Aus all diesen Fragmenten besteht die Person Melanie C, die wir heute kennen. Und nun zeigt sie uns, wer sie aktuell glaubt zu, dass singt sie in „Who I Am“.
Mir als Zuschauerin und Mel C seit 1996 gefällt das Video sehr gut und ich bin gespannt, welche weiteren Kapital Sporty/Melanie C noch aufschlagen wird, die dann später der Ausstellung hinzugefügt werden können.