In einem Dämmerzustand, nach nur viereinhalb Stunden Schlaf, erledigte ich meine Tagesaufgaben am Freitag wie immer mit Verve und Kaffee. Da ich am Donnerstag eine gute Zeit bei der Pop-Kultur 2018 hatte, zog es mich wiederholt in den Prenzlauer Berg. Auf die Minute schafften Olga und ich es zu dem Dokumentarfilm „Silvana“. Die in Schweden lebende Rapperin und Antifaschistin Silvana Imam wurde rund zweieinhalb Jahre mit der Kamera begleitet. Bald werde ich eine ausführliche Kritik schreiben, da mich der Film sehr bewegt hat. Ab Donnerstag, den 23. August, kommt „Silvana“ in die Kinos.
„Serverland“ – eine Multimedia-Lesung mit Josefine Rieks
Nach dem Film gab es erstmal ein alkoholfreies Bier, ein kurzes Gespräch über das Printsterben und danach ging es zurück ins Kino 5. Dort war die Lesung von Josefine Rieks zu ihrem Debütroman „Serverland“ angekündigt. Auf der Bühne saß ein junger Mann mit Käppi und Laptop. Er hatte eine youtube-Playlist, die aus kurzen Clips bestand. Wir sahen einige kurze Videos von der Autorin beim Lesen und andere Sequenzen wie z.B. das Musikvideo „Rock DJ“ von Robbie Williams oder Ausschnitte aus dem Spiel „Grand Theft Auto (GTA)“. Josefine Rieks selbst saß in einer der vorderen Reihen. Mit den wilden Haaren und der übergroßen Brille hat sie einen hohen Wiedererkennungswert. In „Serverland“ wird eine Zukunft ohne Internet beschrieben – und eine Gruppe von Menschen, die sich einen Zugriff z.B. auf das Robbie-Video verschafft. Die Sprache bzw. die Tonalität des Buches hat mich nicht direkt angesprochen. Experimentelle Lesungen finde ich erstmal ganz spannend, an diesem Abend ging das Konzept der „Serverland“-Präsentation für mich nicht ganz auf. Damit wir den Anfang von Ebow nicht verpassen, sind wir allerdings auch nach ca. 80 Prozent der youtube-Videos, also fünf Minuten vor Schluss, gegangen.
Ebow macht einfach mal alles richtig
Dass es gar nicht so schwer ist, alles richtig zu machen, bewies die Rapperin Ebow bei ihrem Auftritt im Maschinenhaus. Bevor sie ihr Konzert begann, positionierte sie sich zu der Tatsache, dass die israelische Botschaft 1200€ Reisekosten zu dem Pop-Kultur-Festival beisteuerte. Sie sagte, dass sie es besser fände, „wenn kein Land der Pop-Kultur Geld gäbe, damit sich Künstler und Publikum gleichermaßen wohl fühlen“. Es ist gut, dass sie die Bühne nutzt und ihre Sicht auf die Dinge darlegt – und nicht das Konzert einfach absagt, wie Ex-Pipette Gwenno.
Yallah habibi gogo
Unterstützt wurde Ebow live von BAD&BOUJEE, einem POC-Kollektiv, aus einer DJane und einer Sängerin bestehend. Ebru Düzgün aka Ebow rappte über eine Kindheit mit 2Pac-Poster im Kinderzimmer, Asylgesuche und Emanzipation. Live gab es u.a. „Ghetto Rave“, „Punani Power“ oder „Das Wetter“ zu hören. Richtig cool war die Hommage an Ebows Heldinnen, es gab ein Mit-Mach-Mash-Up in dem u.a. M.I.A., Lauryn Hill oder auch Missy Elliott geehrt wurden. (Fast) Alles konnte ich mitsingen #likeapro. Der Sound war super und auch das Licht war auf den Punkt. Die Stimmung war entspannt begeistert, vor der Bühne wurde Mädchen und Rollstuhlfahrer*innen gleichermaßen Platz gemacht, damit alle gut sehen. Selten gibt es Konzerte, wo alles stimmt – dies war eines der Wenigen. Alle Props gehen an Ebow, die ihren Auftritt mit den Worten „Support your Sisters, not your Cisters“ beendete.
Für den Auftritt von Haiyti mussten wir nur eine Treppe runtergehen, wie praktisch. Generell fand ich die Kulturbrauerei als Location für die Konzerte, Filme, Ausstellungen und Lesungen gut gewählt – nur leider etwas weit weg von Schöneberg. Haiyti begann ihr Set mit „100.000 Fans“, gesunder Größenwahn gehört zu jeder Rapperin wie die dunkle Sonnenbrille. Haiyti, die durchaus umstritten ist, kam komplett in Jeans auf die Bühne. Für mich war es das perfekte Britney-Justin-Gedenk-Outfit. Auf Platte finde ich Haiyti durchaus anstrengend, live machte sie schon Spaß. Vermutlich werde ich auch in Zukunft nicht der größte Haiyti-Fan werden, da ich ihre Texte nicht so reflektiert wie die von z.B. Ebow oder Sookee finde. Aber für mich bildete ihr Auftritt einen schönen Abschluss für die Pop-Kultur 2018, bei der wirklich Vieles -vom Booking bis zur Gebärdendolmetscherin- richtig gemacht wurde.
Die Zukunft des Pop-Kultur Festivals…
Gestern erschien die neueste Pressemitteilung zum diesjährigen Festival, in der steht:
„2019 wird Pop-Kultur wieder stattfinden: „Unser Festival wird immer ein Raum für
Austausch und Dialog sein. Außerdem möchten wir beweisen, dass Pop einen ähnlichen
Schutz wie die sogenannte Hochkultur verdient hat“, betont Katja Lucker.“
Es geht also weiter, juhu!