Jess Glynne beim Konzert in Berlin.

Händchenhalten mit Jess Glynne

Sie ist das sechste Spice Girl. Rote Haare wie Ginger, wilde Locken wie Scary und eine sportliche Haltung wie, genau, Sporty. Natürlich werden die großen Pophymnen immer noch in England geschrieben, auch Jess Glynne kam in London auf die Welt und lebt dort auch heute noch.

Jess Glynne hat eine Soulstimme. Das bewies sie bei ihrem Konzert in Berlin.
Jess Glynne ist für Fans von: Buddhismus, den Spice Girls, großen Pop-Hymnen, Rothaarigen, Menschen die gerade einen Umbruch erleben.

Im August des vergangenen Jahres erschien ihr Debütalbum „I Cry When I Laugh“ und dieser Titel skizziert die darauf vereinten Songs präzise. Es geht um Freundschaft („Hold My Hand“), Liebe („Real Love“, „Gave Me Something“), Liebeskummer („Take Me Home“), schlechte Tage („Why Me“) und Selbstrespekt und Selbstliebe („Don`t Be So Hard On Yourself“). Eine Conklusio aus den Glynneschen Songs fassen die Spice Girls gut zusammen:

„Never give up on the good times, gotta believe in the love you find“

Die Spice Girls treffen Craig David sowie Mariah Carey und sie sind in Soul-Stimmung, so könnte man den Klang von „I cry when I laugh“ beschreiben. Einwenig aus der Zeit gefallen oder auch zeitlos. Das Album macht Spaß und wird daher vom Feuilleton gemieden. Die Ressortleiterin eine der großen deutschen Wochenzeitungen betitelte Jess Glynne intern als „Plastik“ und lässt ihre Freien sich lieber an „AnnenMayKantereit“ abarbeiten. Gähn.
Gute Popmusik wurde so gut wie nie auf den ersten Blick von den vermeintlichen Meinungsmachern, der sogenannten intellektuellen „Meinungselite“, erkannt. #storyoftheirlives. Zumindest nicht so lange Bob Dylan, Sophie Hunger und Jochen Distelmeyer noch Musik machen.
Macht aber nichts, Jess ist seit den „Clean Bandit“-Hits „Rather be“ und „Real love“ auf der ganzen Welt berühmt, in LA musste sie sogar in einen größeren Club umgebucht werden. Bewegende Popsongs funktionieren überall, nur in Berlin verirrt sich kein Hipster auf das JG-Konzert.

Auch gut, der Postbahnhof war bereits Monate vorher ausverkauft.

Julie Bergan bemühte sich, dass Berliner Publikum warm zu spielen, wirkte dabei durchgängig leicht verunsichert.
Um kurz nach neun kam SIE zu den Klängen von „Strawberry Fields“ auf die Bühne. Jess Glynne wirkte die ersten Songs etwas müde, vermutlich war ihr Tag mit den ganzen Fashionbloggern, denen sie ihre Bench-Collection vorstellte schon recht lang. Oder sie war einfach nur schüchtern, wer weiss?


Ihre Stimme ist live genauso so klar und stark, wie auf Platte. Der Plan als Song 2 die Grammy-prämierte Single „Rather be“ zu spielen erwies sich als gute Wahl. Jess hat das Publikum direkt eingefangen und die nächsten 70 Minuten wurden großartig. Herausragend war Glynnes Version von Amy Winehouses Song „Tears dry on their own“.

We will take you home, Jess!

If I lose control?
If I’m lying here
Will you take me home?
Could you take care
Of a broken soul?

Bei der Ballade „Home“ kullerten einige Tränen auf der Bühne. „Wer wird da sein, wenn ich falle?“ fragt sich die Sängerin in dem Song und einige Fans in den ersten Reihen hatten Zettel vorbereitet auf den „We will take you home, Jess“ zu lesen war.
Das traf direkt in ihr Herz, sie wirkte wirklich berührt und das überraschte mich etwas. Auf mich wirkt Jess in Interviews wie eine toughe, herzliche Sportlerin. Jemand der wunderbar große Gefühle über die Musik transportiert, sie aber nicht unbedingt öffentlich groß ausbreitet.
Begleitet wurde die Rothaarige von einer dreiköpfigen Band und zwei Backgroundsängerinnen, die bei dem Tränenausbruch zuverlässig übernahmen.
Man merkte Jess und ihrem Team an, dass sie Spaß hatten und für die Musik brennen. Die eingeübten Tanzschritten wirkten, zumindest bei Jess, symphatisch hölzern.
Dieses Gefühl der ehrlichen Euphorie erlebt man meist nur bei den ersten ein bis zwei Touren einer Künstlerin oder einer Band.

Um den Abend mit Jess durch ein leicht geändertes Jess-Zitat abschließend zu beschreiben:

You turned this black evening
made it to gold

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